#33 CORDOBA
August 2022
Von Mendoza machen wir uns auf in die Stadt Cordoba. Auf dem Weg dahin übernachten wir noch an einigen interessanten Orten. Einer davon ist die Befestigungsanlage von Quilmes. Sie wurde vom gleichnamigen Volk Quilmes erbaut. Glücklicherweise ist genau an dem Tag als wir die archäologische Stätte besuchen ein Feiertag der Quilmes. Nachfahren der indigenen Bevölkerung halten ihren Familien und den Verstorbenen eine Zeremonie ab, begleitet von Trommeln und Gesang. Wir hören ihnen gerne zu, nähern uns aber nicht zu sehr da wir sie nicht stören wollen. Die Quilmes sind eines der ersten Völker die sich im Norden Argentiniens angesiedelt haben. Zuerst wurden sie vom Inka Reich unterdrückt, mussten vor allem hohe Steuern abgeben und ihre Infrastruktur ändern. Danach machten ihnen die Spanier das Leben schwer, viele wurden versklavt und ihrer Ländereien beraubt. Aber die Quilmes sind starke und stolze Menschen, anstatt sich einfach zu beugen bauten sie eine beeindruckende Befestigungsanlage und verteidigten sich so gut sie konnten. Die wenigen Nachfahren sind mächtig stolz auf ihre Kämpfer und fordern heute noch die Anerkennung ihres Volkes. Und wir erkennen wieder mal, dass die präkolumbianische Geschichte aus viel mehr als Inkas, Mayas und Azteken besteht.
Für uns geht es weiter nach Termas de Rio Hondo. Eine kleine Stadt die berühmt für ihre Thermalbäder ist. Je weiter wir uns von dem hohen Norden entfernen umso mehr unterscheiden sich die Menschen. Der Norden ähnelte noch sehr Peru und Bolivien, viele Nachfahren indigener Völker haben sich hier niedergelassen. Ein bisschen weiter südlich gleicht es schon mehr dem argentinischen Bild das uns normal vermittelt wird. Vor den Einkaufsläden und Bodegas stehen angebundene Pferde, auf der Straße fahren einfache Kutschen um Lasten zu tragen. Immer wieder sehen wir Gauchos und riesige Rinderfarmen. Der Fleischgenuss bleibt aber meist aus. Es ist unmöglich kleine Portionen zu kaufen. Als Paar hätten wir mit einem Fleischpaket aus dem Supermarkt locker 3-4 Tage Fleisch zu essen. Wenn wir beim Metzger kleinere Portionen wollen werden wir immer mit entsetzten Blicken angeschaut, es sei viel zu schade dieses wunderbare Stück in die Hälfte zu schneiden. Die denken sich bestimmt: wie traurig, die zwei haben nicht mal Freunde um ein anständiges Asado zu veranstalten. Also geben wir uns beim Metzger nicht mehr die Blöße, essen im Bus meist vegetarisch und lassen uns lieber im Restaurant fein mit Fleisch bekochen.
Nach genau so einem Restaurantbesuch steigen wir am Abend noch in den warmen Thermalpool an unserem Campingplatz. Dieser hat die besten Zeiten leider schon hinter sich. Jetzt schwimmen wir da gemeinsam mit den Blättern vom letzten Herbst und den abgeplatzten Lackstücken von der Poolwand. Wir lassen uns aber nicht weiter von diesen Kleinigkeiten stören. Auf unserer Reise haben wir gelernt auf manchen Komfort zu verzichten, nicht zimperlich zu sein und einige Sachen (meist dreckige) zu ignorieren. Wenn wir das nicht tun würden, hätten wir wahrscheinlich nicht mal den Flughafen in Montevideo verlassen können. 😊
Hier in Termas de Rio Hondo befindet sich eine riesige Talsperre mit deren Wasser Strom erzeugt wird. Wie so oft in Südamerika wurde ein unglaublich großes Gebiet kurzerhand geflutet, Menschen umgesiedelt und viel Natur zerstört. Einer der letzten wild fließenden Flüsse der Umgebung der Rio Dulce wurde von Menschenhand zu einem See gestaut. Jetzt stehen wir hier an der Staumauer und beobachten wie die Fische versuchen Flussaufwärts zu springen, was natürlich an der Betonmauer endet. Wenigstens freuen sich hier etliche Fischer die leichte Beute angeln. Und ich stehe jetzt da, zwischen Fischersmänner und Florian der ein „No-Dams-Shirt“ trägt und hoffe darauf das kein Fischer englisch versteht. 😊
Von der ländlichen Gegend Santiago del Estero geht es über schier unendliche Weiten mit „butz-geraden“ Straßen bis in die zweitgrößte Stadt des Landes. Cordoba wurde von einem spanischen Offizier nach der Geburtsstadt seiner Schwiegermutter dem andalusischen Cordoba benannt. Kurioserweise haben sie aber versucht die Architektur von Paris nachzuahmen. Cordoba ist eine sehenswerte Stadt mit faszinierenden Museen und einigen Weltklasse-Restaurants, die leider auch Weltklasse-Preise haben. Aber dank der vielen Studenten gibt es auch hippe, einfache Restaurants und das Bar- und Nachtleben ist sehr aktiv. Ein netter Guide der neben seinem Lehrerberuf auch noch Stadttouren anbietet kann erstaunlicherweise gut deutsch sprechen. Zu unserem Glück erklärt er uns viel auf Deutsch und ist gebührenderweise auch mächtig stolz auf seine Sprachkenntnisse. Allerdings stecken wir dadurch etliche genervte Blicke von den anderen Tour-Teilnehmern ein, die sich seine Erklärung immer doppelt und in einer Sprache anhören müssen die sie nicht mal verstehen.
Ähnlich ermüdet wie die anderen Touristen vom Guide, sind wir von den grünen Papageien die sich im Baum über unserem Schlafplatz gerade einnisten. Die Vögel sind wunderschön zu beobachten und bauen beeindruckende Nester aber machen ein riesiges Geschrei. Egal ob wir noch schlafen wollen oder nicht. Wenigstens müssen wir so keinen Wecker stellen und kosten den Tag mehr aus. An solch einem Tag, als wir schon früh auf den Beinen sind entdecke ich eine Anzeige von einem Zirkus. Als ich seit Jahren wieder mal einen Zirkus besuche bin ich überglücklich und wir verlassen diese Stadt mit wunderschönen Erinnerungen und einem vollen Popcorn-Bauch.


















