#25 COLCA CANYON
Juli 2022
Gemütlich machen wir uns morgens auf den Weg ins Colca Canyon. Wir fahren vor uns hin, bis auf einmal das Navi Alarm schlägt. Wie es scheint haben wir eine Abzweigung verpasst, die neu angezeigte Route ist nur um ein paar Minuten länger. Flo meint ist doch egal, diese Straße ist ja auch in Tip Top Zustand. Ich werfe ihm noch einen skeptischen Blick zu, da ich es bevorzuge auf der zuvor recherchierten Route zu bleiben. Aber wir wagen es. Scheint vorerst auch super zu klappen. Solange uns andere Autos entgegenkommen und die Straße asphaltiert ist, ist alles in Ordnung. Aber nach circa 70 Kilometern wird die zweispurige asphaltierte Straße plötzlich einspurig, ein paar Kilometer weiter wird die einspurige Straße dann auch noch zu einer katastrophalen Dreckpiste. Hier angekommen müssen wir uns jetzt entscheiden: Sollen wir die gefahrene Straße retour oder wagen wir es die restliche Strecke hier zurückzulegen? Wiedermal zwei verschiedene Meinungen, aber Flo gewinnt mit seiner Argumentation. Er meint es würde viel zu viel Zeit kosten die 70 Kilometer zurückzufahren und dann wieder am Ausgangspunkt zu stehen. Ich bin im Gegensatz immer noch überzeugt, dass es schlauer und sicherer ist die unbekannte Route zu vermeiden. Ich gebe nach, hoffe das alles gut geht auf der Dreckpiste. Aber insgeheim hoffe ich auch ein wenig dass es nicht klappt, damit mir der Triumph gebührt und ich mit genervter Stimme anmerken kann: „I hons dr jo gset.“ Wir kommen langsam voran, sehr langsam. Obwohl die Heizung rennt herrscht ziemlich eisige Stimmung im Bus. Aber Hoffnung macht sich breit. In 50 Kilometer zweigt unsere Straße auf eine Bundesstraße, diese ist ganz bestimmt besserem Zustand. Bei der Abzweigung angekommen müssen wir wieder eine Niederlage einstecken. Die Straße führt in genauso schlechtem Zustand weiter Richtung Colca Canyon. Jetzt müssen wir die Situation so hinnehmen wie sie ist, geduldig und langsam weiterfahren. Dennoch kann ich mir ein „I hons dr jo gset.“ nicht verkneifen. Zu unser beider Glück ist Flo gutmütig und schlau genug meine blöden Bemerkungen einfach zu ignorieren. 😊 Wir sind hier wirklich am Ende der Welt. Winzige Dörfer tauchen hin und wieder am Ende des Horizonts auf. Hier gibt es keine Supermärkte, keine Bank, keine Tankstellen, keine Krankenhäuser, nichts. Wir sehen wunderschöne, menschenleere Landschaften. Einen rauchenden Vulkan, Füchse, Vicunhas und lustige Tiere die eine Mischung aus Kaninchen und Eichhörnchen zu sein scheinen, die sogenannten Vizcachas. Im Nachhinein bereuen wir die Fahrt nicht mehr genossen zu haben, denn trotz der schlechten Straße und der grantigen Stimmung haben wir wunderbare Dörfer und eine einzigartige Natur gesehen, die „normale“ Touris nicht zu Gesicht bekommen. Die sind auch nicht so wahnsinnig wie wir und testen auf gut Glück irgendwelche Off-Road-Strecken im Altiplano. Zum Glück schaffen wir es gerade noch in der Dämmerung an unserem Ziel anzukommen. Wir Übernachten an einem Aussichtspunkt für Condore und fallen fix und fertig ins Bett. Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Strecke unfall- und pannenfrei überstanden haben. Wäre bestimmt ein unterhaltsamer Blogeintrag geworden, wie wir am Straßenrand einen Reifen gewechselt hätten oder einen Abschlepper irgendwo im nirgendwo gesucht hätten. Leider oder gottseidank muss ich euch da aber enttäuschen.
Nach einer kurzen Nacht stehen wir morgens früh auf in der Hoffnung ein paar Condore zu sehen. Wie es sich für richtige, spießige europäische Touristen gehört sind wir viel zu früh vor Ort. Eingepackt im Zwiebellook, mit Kappe und kleinen Augen stehen wir jetzt müde da und schauen den Souvenier-Verkäufern zu wie sie ihren Stand aufbauen. Noch sind weit und breit keine Condore zu sehen. Erst als die ersten Sonnenstrahlen die Schlucht treffen, kreisen die ersten Condore dank der morgendlichen Thermik Richtung oben. Sie sind wirklich majestätisch und riesen groß, mit ihrer Flügelspannweite von bis zu 3 Meter. Kein Wunder das diese gigantischen Vögel für die Inkas als heilig gelten. Wir sind sehr beeindruckt mit welcher Geschwindigkeit und wie knapp sie an uns vorbeifliegen. Fast so schnell wie die Condore rasen auch die Touristenbusse aus Arequipa an. Nach und nach werden immer mehr Schaulustige abgeladen. Vielleicht war es doch nicht so verkehrt so früh aufgestanden zu sein. Morgens war es wirklich friedlich. Die Idee auf knapp 4000 Metern auf der anderen Talseite zu irgendwelchen Geysiren zu wandern schlagen wir uns schnell wieder aus den Köpfen. Stattdessen fahren wir weiter Talauswärts und entscheiden uns für einen gemütlichen Tagesausklang. Wir baden in warmen Thermalbecken dessen Wasser von einem Vulkan in der Nähe aufgeheizt wird. Während wir in den Becken entspannen, langsam immer schrumpeliger und überhitzter werden schauen wir den Besitzerinnen der Thermen zu wie sie ihr Essen in der 73°C heißen Quelle erwärmen. Relaxed und zufrieden verlassen wir den 3.200 Meter tiefen Colca Canyon (der Grand Canyon ist im Vergleich „nur“ 1.200 Meter tief). So gut wie in dieser Nacht haben wir schon lange nicht mehr geschlafen. Bald werden wir noch mehr Wasser sehen, das nächste Ziel ist der sagenumwobene Titicacasee. Hoffentlich ist die Fahrt dahin stressfreier 😊




















